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HIER STELLEN WIR MONATLICH
EINE BESONDERE DAGUERREOTYPIE VOR

Louis Birk
Porträt zweier Frauen (Mutter und Tochter ?)
Hirschberg (Schlesien), um 1845-50
1/6-Platte, gesamt mit Rahmen 15,8 x 13 x 1 cm
Platte unter weißem Papierpassepartout,
Ornamentik golden aufgedruckt.
Gefasst in hohem gekehltem Rahmen mit geprägtem Goldpapier.
Rückseitig ein Aufhängering aus Messing am Textilbändchen.
Görlitz, Museen der Stadt (Barockhaus Neißstraße)
Inventarnummer: 688-63

Im Zuge von dringenden Konservierungsarbeiten am Daguerreotypiebestand der Museen Görlitz musste diese arg zugerichtete Daguerreotypie geöffnet, gereinigt und wieder in ihren Rahmen eingebaut werden. Beim Öffnen des Stücks entdeckten wir den Namen des ausführenden Daguerreotypisten, der sich ganz unten rechts auf dem Passepartoutkarton aufgedruckt befindet: "L. Birk aus Hirschberg".
Das schlesische Hirschberg, heute auf dem Territorium Polens gelegen und Jelenia Góra (d.h. Hirschberg im Riesengebirge) genannt, war im Ergebnis des Ersten Schlesischen Krieges an Preußen gefallen. Es liegt nur ungefähr 70 km von Görlitz entfernt. Seit 1820 gehörte Hirschberg zum Landkreis Liegnitz.
In Liegnitz spielte eine Photo-Geschichte, die mit dem hier entdeckten Daguerreotypisten L. Birk in Zusammenhang zu bringen ist.
Im Jahr 1845 wird in Liegnitz die "Eröffnung einer Vorbilder-Sammlung von Erzeugnissen der Industrie der Vorzeit" bekannt gegeben. (1) Diese frühe Initiative zur "Hebung des Geschmacks" der Handwerker, wie man das damals formulierte, hatte Freiherr Alexander von Minutoli, Sproß einer preußischen Adelsfamilie und damals Regierungsrat in Liegnitz, ergriffen. Er galt als Kunstkenner und auch als Sammler. Die "Vorbilder-Sammlung" wurde zunächst in den Privaträumen des Aristokraten aufgestellt und war nur an den Wochenenden für die Gewerbetreibenden öffentlich, bevor sie dann 1848/49 auf Geheiß des preußischen Königs im Liegnitzer Schloss aufgestellt werden durfte.

Da sich die Ausleihe der Gegenstände an Schulen, Vereine und Fabrikbesitzer zum Zwecke des Studiums als nachteilig erwies, kam Minutoli auf die Idee, Daguerreotypien von den Objekten fertigen zu lassen und diese statt der Originale leihweise zu versenden. Leider haben sich von diesen Silberbildern wohl keine erhalten und man kennt auch die ausführenden Daguerreotypisten nicht – bis auf einen: In einem Aktenstück, welches die Ausgaben des Regierungspräsidiums Liegnitz auflistet, findet sich am 11. Mai 1848 die Zahlung von 25 Talern für 25 Daguerreotypien an den Lichtbildner Louis Birkes. (2)
Wenn wir davon ausgehen, dass für die Beauftragung sicherlich nur ein Daguerreotypist aus dem Umland in Frage kam, könnte dieser Louis Birk(es) sehr wohl identisch sein mit L. Birk aus dem nahe gelegenen Hirschberg.
Nun könnte man einwenden, dass unter Umständen eine Namensgleichheit vorliegt und der Hirschberger Porträtist L. Birk nicht unbedingt der Daguerreotypist oben genannter "Gewerbeartikel" sein muss. Alle Zweifel dürften jedoch durch die bisher übersehene Tatsache ausgeräumt werden, dass Alexander von Minutoli seine 1848 in Auftrag gegebenen Daguerreotypien auf der 1. Weltausstellung in London 1851 zeigte ("Photographic copies of models for manufactories in clay, glass, or wood") (3) und als Urheber dieser Aufnahmen "Birk at Hirschberg" benannte.

Unseres Wissens nach ist die hier vorgestellte Daguerreotypie das erste veröffentlichte Silberbild, das mit Louis Birk zweifelsfrei in Verbindung zu bringen ist.
Sollten Besucher unserer website andere Zeugnisse von Louis Birk kennen, so bitten wir um Kontakt.

(1) Siehe dazu den Beitrag von Bernd Vogelsang: Das Museum im Kästchen oder Die Erfindung des Kunstgewerbemuseums als Photosammlung durch den Freiherrn von Minutoli, in: Bodo von Dewitz / Reinhard Matz (Hrsg.): Silber und Salz, S. 522 ff.
(2) ebenda, S. 541.
(3) Verzeichnis der Aussteller der 1. Weltausstellung, London 1851.


   




   
   
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