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ORTSANSÄSSIGE ATELIERS
Mit der Verbreitung des photographischen Gedankens stieg auch die Bereitschaft der Menschen, sich daguerreotypieren zu lassen. Nachdem die erste Welle des Wanderns und Staunens vorbei war, begannen sich auf der ganzen Welt feste Ateliers dauerhaft zu etablieren.
Allerdings gab es auch Ausnahmen, etwa den englischen Daguerreotypisten Richard Beard, der nach Kauf einer Lizenz allein berechtigt war, in England, Wales und den englischen Kolonien das Verfahren auszuüben. Erworben hatte er diese Generallizenz bei seinem Landsmann Miles Berry, der sie seinerseits von Daguerre erstanden hatte. Daguerre hatte kurz vor seiner Erfindungsübergabe an die französische Regierung entgegen jeder Abmachung die Rechte nach England verkauft. Nun durfte man seit dem 19. August 1839 überall in der Welt kostenfrei daguerreotypieren, nur in England nicht. Beard eröffnete schon sehr zeitig das erste Porträtstudio Europas am 23. März 1841. Sein Name ist untrennbar mit der Geschichte der europäischen Photographie verbunden. Beard vergab in Folge mehrere Lizenzen, was ihm zunächst finanziellen Reichtum einbrachte und ermöglichte, daß weitere Ateliers entstanden. Im Streit mit Lizenzverletzern rieb er sich auf und mußte am Ende der vierziger Jahre Bankrott anmelden.
In allen größeren Städten der Welt hatten sich um 1843 erste feste Ateliers gegründet, in kleineren Städten folgte man im Laufe der nächsten Jahre nach. Große Studios waren elegant eingerichtet und verfügten über verschiedene Hintergründe und Möbel, mit denen ein Bildnis "inszeniert" werden konnte. In Schaukästen oder in den Atelierräumen hingen besonders gelungene Daguerreotypien als Offerten der Lichtkünstler.
Berlin, London und Paris waren große Städte, aber nichts im Vergleich zu New York: Man schätzt, daß es zu Beginn der fünfziger Jahre allein auf dem Broadway mehr Ateliers gab, als in ganz London.
In Deutschland kristallisierten sich schnell Brennpunkte der Daguerreotypie heraus, die in München, Berlin, Hamburg und Leipzig wichtige Adressen hatten. Mit deren Größe und wirtschaftlichen Bedeutung ging die frühe Photographie konform.
Für Amerika stehen vor allem New York, Boston und Philadelphia, dort entstanden zahlreiche Galerien. Zwei unserer Beispiele stammen aus letzterer Stadt. Samuel Broadbent (1810-1880) kam aus dem Lager der Kunstmaler, weshalb er schon früh die Verwendung bildhafter Fonds als notwendig erachtete. Er steht beispielhaft für die Wanderdaguerreotypisten seiner Zeit. Erst nach einem Jahrzehnt rastlosen Reisens ließ er sich in der Metropole Philadelphia nieder, wo er als einer der bedeutendsten Vertreter seines Metiers galt.
Thomas L. Ennis, 1815 geboren, betrieb seit 1850 in der gleichen Stadt eine Galerie für daguerresche Bilder. Sein brillant ausgeleuchtetes Damenporträt macht mit einem aufwendigen Sitzmöbel bekannt, das den Geschmack der fünfziger Jahre widerspiegelt. Begnügte man sich zu Zeiten der Wanderdaguerreotypisten mit einem einfachen Stuhl oder Schemel, mußten wenig später aufwendig geschnitzte Kreationen von der gesellschaftlichen Stellung der Porträtierten künden oder diese wenigstens vorgaukeln.
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oben: Das erste fest etablierte Daguerreotypie-Studio Europas eröffnete Richard Beard 1841 in London. Unser Beispiel zeigt eine sehr frühe, etwa 1842 entstandene Aufnahme in einem originalen Etui.
mittig: Feste Ateliers besaßen eine reiche Ausstattung, z.B. an gestalteten Hintergründen. Diese 1/6-Platte von Samuel Broadbent aus Philadelphia zeigt einen Landschaftshintergrund, den der Künstler selbst malte. 1840er Jahre.
unten links: Auch der Daguerreotypist T. J. Ennis stammt aus Philadelphia, er besaß dort eine "Skylight-Gallery". Er verwendete einen fulminanten Stuhl in neogotischen Formen.
Alle drei Daguerreotypien Sammlung Voigt
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